STREAM

Verlagerung von Truck-Arbeitsplätzen
in die Türkei

Werner Funk, 29.07.2017

Im Rahmen von STREAM (Programm zur Kostenreduzierung von 400 Mio. Euro im Truckbereich bis Ende 2018) zeigen sich inzwischen erste Erkenntnisse. Dem Betriebsrat wurden mittlerweile neue Organisationsstrukturen vorgelegt, die zum 01.09.2017 greifen sollen. Jedoch sind diese Organisationsmaßnahmen nicht die vom Unternehmen vorgesehenen Zielstrukturen für den Truckbereich.

Bildunterschrift (xxx, Fotolia.com)

Mit der neuen Organisation wurden unbesetzte offene Strukturstellen gestrichen. Die zur Streichung vorgesehenen besetzten Strukturstellen wurden dem BR namentlich genannt. Dies bedeutet nicht, dass die betroffenen Strukturstelleninhaber ihren Job verlieren werden. Am Standort Stuttgart werden mit rund 1.200 Mitarbeitern im Truckbereich sogenannte STREAM-Gespräche geführt. Dabei fallen nicht bei jedem die Aufgabeninhalte weg, sondern man möchte sie schlicht loswerden.

 

Diese Maßnahmen führen nicht nur zu einer Leistungsverdichtung für die verbliebene Belegschaft, sondern auch zur Verlagerung von vielfältigen Aufgaben ins Ausland mit Schwerpunkt Türkei. Um die gesteckten Abbauziele zu erreichen und unliebsame Beschäftigte loszuwerden, werden vom Management auch schon mal Zweit- und Drittgespräche geführt.

 

Wir Betriebsräte der Neuen Perspektive hatten bereits am 08.06.2017 den neuen Truck-Vorstand Martin Daum angeschrieben, mit der eindringlichen Bitte, die Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Türkei zu überdenken. Am 03.07.2017 antwortete Martin Daum auf unser Schreiben und begründete die Truck-Aktivitäten wie folgt:

 

„...Erstens, weil ein Rückzug vor allem die Menschen treffen würde, die dort leben. Das kann nicht in unserem Sinn sein. 6.000 Menschen arbeiten in der Türkei direkt für uns, 4.000 weitere für unsere Händler – und viele von ihnen haben eine Familie zu versorgen.“

 

Anmerkung: Haben unsere Kollegen hier in Deutschland etwa keine Familie?

 

„... Zweitens, weil man auf die Geschicke eines Landes am besten von innen heraus Einfluss nehmen kann – und nicht etwa von außen. Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir ein Teil der Türkei bleiben. Nur dann können wir die Zukunft mitgestalten.“

 

Anmerkung: Anmerkung: Kann ein einzelnes Unternehmen die Geschicke eines Landes beeinflussen?

 

„...Ich bin zutiefst überzeugt, dass es sich lohnt, an dieser Zukunft mitzuarbeiten, weil es eine gute Zukunft sein wird. Denn das Land hat jede Menge Potential. Die Türkei ist mit 79 Mio. Einwohnern sehr groß – und sie ist auch sehr jung: 40 % der Menschen sind noch keine 25 Jahre alt.“

 

Anmerkung: Wo bleibt die Zukunft für die Jugend in Deutschland?

 

„...Sie sehen: Wir sind nicht blauäugig, aber wir sind uns sicher, dass es richtig ist, der Türkei weiterhin eng verbunden zu bleiben.“

 

Anmerkung: Ohne Worte...

 

Am 19. Juli 2017 wirft die Türkei der Daimler AG zusammen mit 680 weiteren deutschen Unternehmen vor, Terroristen zu unterstützen. Als Antwort auf diese haltlosen Vorwürfe stellte der deutsche Bundesaußenminister Siegmar Gabriel die Hermesbürgschaften für die Türkei auf den Prüfstand. Er appellierte an die deutschen Unternehmen, ihre Investitionen in die Türkei zu überdenken. Darüber hinaus sprach das Auswärtige Amt Reisewarnungen in die Türkei aus! Auch wenn der Kalif vom Bosporus mittlerweile die Terrorliste gegen die deutschen Unternehmen zurückgezogen hat, wird sich an der brisanten politischen Situation dort nichts ändern! Im Rahmen der Bilanz-Pressekonferenz am 26.07.2017 bekräftigte Martin Daum erneut das erweiterte Engagement in die Türkei. Man hält an den Verlagerungen von Arbeitsplätzen fest.

 

Nach unseren Schätzungen werden in den nächsten zwei bis drei Jahren rund 1.000 Arbeitsplätze an den Bosporus verlagert. Stefan Buchner, Head of Mercedes-Benz Trucks, ist hier der große Treiber. Unter seiner Ägide wurde bereits der Truck-Vertrieb (TE/S und DCAA) zerlegt. Nun will er die Axt an die Entwicklung und Versuch einschließlich der Produktionsstätten radikal anlegen. Dies halten wir für falsch. In einer globalisierten Welt ist es sicherlich notwendig neue Wege zu gehen, doch dabei sollen das vorhandene Know-How und die Erfahrung erhalten bleiben. Derzeit wird dies jedoch von Herrn Buchner konterkariert. Wir sind davon überzeugt, dass die STREAM-Maßnahmen mit der Vernichtung von Arbeitsplätzen am Standort Deutschland und dem damit verbundenen Know-How-Verlust letztendlich zu keinem besseren Truckergebnis führen werden. Vielmehr erhofft sich der aus unserer Sicht „vom Ehrgeiz zerfressene“ Stefan Buchner mit diesen schmerzhaften Sparmaßnahmen endlich in den Daimler-Vorstand berufen zu werden.

 

Wir wollen, dass die Arbeitsplätze am Standort Stuttgart in der Entwicklung und im Vertrieb des Truckbereichs aufrechterhalten bleiben. Der Truckbereich muss nicht nur in die wichtigen Zukunftsthemen, sondern auch in die Produktqualität investieren! Dafür brauchen wir unsere erfahrenen und motivierte Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart.

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